Eine Erfolgsgeschichte
Am Ende wollten die Glückwünsche nicht enden: Felix hielt sein Abiturzeugnis mit einem Notendurchschnitt von 1,4 in der Hand - und gleich drei Sonderauszeichnungen. Der 18-Jährige erhielt sowohl den Abitur-Preis in Physik als auch in Mathematik. Dazu das MINT-Zertifikat mit Auszeichnung. "Ich war schon ein bisschen überrascht", erzählt Felix, "von den Auszeichnungen wusste ich vorher nichts". Für die 1,4 hatte ihm nach den Prüfungen genau ein Punkt gefehlt. "Deswegen bin ich in die Nachprüfung in Physik gegangen", erzählt er. Mit Erfolg: Aus der 1,5 wurde eine 1,4. Und gleichzeitig sammelte er so viele Punkte in seinen beiden Leistungskursen Mathematik und Physik, dazu in Chemie, dass er sich für die Sonderpreise qualifizierte.
Lange Zeit hatte das Leben ganz andere Herausforderungen an Felix gestellt. "Als ich vor vier Jahren in der Wohngruppe Mikado ankam, verbesserten sich meine Schulleistungen", sagt er. Damals mussten er und seine Schwester von einem auf den anderen Tag ihr bisheriges Zuhause verlassen. "Ich hatte meine Sachen schon gepackt", erzählt er und erinnert sich, wie er als 14-Jähriger plötzlich zum ersten Mal ins Heilpädagogische Kinderdorf Biesfeld kam. "Ich kannte niemanden, aber ich stand der ganzen Sache offen gegenüber und habe mich schnell wohlgefühlt", sagt Felix. In der Wohngruppe fand er Freunde, Wegbegleiter und Unterstützung. "Die Menschen sind mir schnell ans Herz gewachsen", erzählt der heute 18-Jährige. Und endlich war der Kopf freier für die Schule - und für die Naturwissenschaften. Wenn er die Möglichkeit hatte, neue Dinge zu lernen, Erkenntnisse zu gewinnen und Prozessen auf die Spur zu kommen, lief er zur Hochform auf. "Die Naturwissenschaften sind logisch. Das liegt mir", erzählt der Abiturient. Es sei für ihn so, als würde er ein großes Rätsel lösen. Mathe, Chemie, Physik, Biologie: Die Fächer fielen ihm leicht und sie machten ihm Spaß. Das spiegelte sich auch in den Noten wider. Früh entdeckte Felix außerdem Wettbewerbe, Workshops, Sommerakademien und Uni-Programme für sich. "Ich bin dabei vielen tollen Menschen und spannenden Themen begegnet", erzählt er. Mal programmierte er digitale Ameisen, dann wieder beschäftigte er sich mit meteorologischen Vorgängen. Er sammelte Erfahrungen, Kontakte - und Urkunden.
Vor anderthalb Jahren zog Felix in die Verselbstständigungsgruppe des Heilpädagogischen Kinderdorfs Biesfeld. "Ich habe mich darauf gefreut, noch mehr Freiheiten zu haben", erzählt er. Seit dem haushaltet er selbst mit seinen finanziellen Mitteln, er putzt und kocht und freut sich gleichzeitig über die Unterstützung, die er weiterhin bekommt. "Ich glaube, es ist gut, die Selbstständigkeit auf diese Weise schon mal zu erleben und auszuprobieren", sagt er, "da kann ich schon mal lernen, wie es sein wird, alleine zu wohnen."
Zum Wintersemester verlässt Felix die Verselbstständigungsgruppe und startet mit seinem Mathematik-Studium an der ETH Zürich. "Ich freu mich sehr, dass ich an der ETH angenommen wurde", erzählt er. Die Hochschule gehört international zu den TOP 10. Für Naturwissenschaftler ist die Uni in Zürich eine große Sache. Sie gilt als einzige kontinentaleuropäische Universität in der Spitzengruppe der Hochschulen. Albert Einstein hat hier studiert und gelehrt. Eine ganze Reihe anderer Nobelpreisträger findet sich in der Liste der ehemaligen Studierenden der Hochschule. Felix möchte an der ETH den Master machen und am liebsten auch promovieren. "Das wird anspruchsvoll, aber deswegen habe ich die Uni ja ausgesucht", sagt er. Er wolle neue Einblicke bekommen, neue Dinge lernen und sich an neuen Entwicklungen beteiligen. Und dafür sei die ETH ein guter Ort. "Ich würde gerne irgendwann die Fields-Medaille erhalten, den Nobelpreis der Mathematik", sagt er und lacht, "das wäre ein Traum."
Vor dem Semesterstart muss er noch die wichtigen Fragen nach Wohnplatz und Finanzierung klären. "Deswegen habe ich in diesen Wochen viel Arbeit und auch Stress", sagt er und blickt ein bisschen wehmütig zu Freunden und ehemaligen Schulkameraden, die die Zeit nach dem Abitur zum Reisen und Erholen nutzen. "Ich bewerbe mich für Stipendien, um die Studiengebühren stemmen zu können", sagt er. Die seien seit diesem Semester für ausländische Studierende besonders hoch. Aber trotzdem zieht ein Lächeln auf sein Gesicht: "Die Vorfreude ist groß. Und ich bin gut gerüstet."
Hier können Sie spenden und Felix bei seinem Start in Zürich unterstützen.